Die documenta14 die zeitgleich in Kassel und Athen stattgefunden hat, hat in diesem Jahr nach eigenen Angaben einen Besucherrekord von knapp 900.000 Besucher*innen erreicht. Abgesehen von dem Parthenon in der Kasseler Innenstadt – neben dem Eulen-Logo wahrscheinlich das Wahrzeichen der documenta14 – gabe es viele andere beeindruckende Kunstwerke zu sehen.
Ich persönlich war im ersten Moment vom Parthenon der Bücher schwer begeistert, musste jedoch feststellen, dass ich bei näherem Betrachten immer kritischer wurde. Neben der Tatsache, dass leider zu wenig Bücher gespendet wurden um das Kunstwerk wie geplant vor Beginn der Ausstellung fertigzustellen, hatte ich das Gefühl, dass sich die einzelnen Säulen thematisch sehr ähnlich waren und vor allem, dass je höher man bei einer Säule nach oben schaute sich die Bücher immer wieder wiederholten. Mir ist bewusst, dass sich bei so einem gigantisches Parthenon die Bücher zwangsläufig irgendwann wiederholen, trotzdem war mir besonders in den höheren Höhen zu wenig Abwechslung sodass man beinahe den Eindruck bekam, die ortsansässigen Buchhandlungen hätten in ihren Restbeständen nach verbotenen Werken geschaut und diese in Massen zur Verfügung gestellt. (subjektive Wahrnehmung) Nichtsdestotrotz ist der Künstlerin Marta Minujin auf eindrucksvolle Weise eine Verbindung zu Athen gelungen, die mir als Gesamtkunstwerk sehr gefallen hat. Auch die Auswahl des Platzes auf dem dieses Kunstwerk steht ist meiner Meinung nach hervorragend gelungen.
Nicht nur dass dort am 19.5.1933 im Zuge der „Aktion wider den undeutschen Geist“ an die 2.000 Bücher verbrannt wurden, sondern 1941 fing das gegenüberliegende Fridericianum welches damals noch eine Bibliothek war während eines Bombenangriffes auch noch Feuer wobei ca. 350.000 Bücher verbrannten.Weiterhin gefällt mir die Idee sehr, gemeinsam mit der Künstlerin nach Beendigung der Ausstellung eine “Feier zum Abschluss der Sammlung verbotener Bücher“ zu feiern im Zuge derer die Installation so „abgebaut“ wird, dass die Bücher verschenkt werden und somit wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sind und in der Bevölkerung kursieren. Mein Fazit zu diesem Kunstwerk lautet also: Sehr gelungen, tolle Idee, jedoch leider einige Mängel in der Umsetzung bzw. auch zu wenig Beteiligung der Bevölkerung.
Neben dem Werk von Marta Minujin gab es viele andere die mir ebenfalls sehr gut gefallen haben und mich zum nachdenken angeregt haben. Vor allem die Neue Galerie und die Neue neue Galerie (Neue Hauptpost) sind mir im Gedächtnis geblieben und von diesen beiden Ausstellungshallen habe ich im Nachhinein auch am meisten im Freundesbund Bekanntenkreis erzählt. Vor allem die Neue Galerie hat mich geflasht. Wahrscheinlich hätte man dort Wochen verbringen können um sich alles ansehen zu können und darüber zu sprechen. Auf mehreren Etagen ist von alt bis neu, schlicht bis bunt und harmlos bis crazy gefühlt alles dabei. Auch Sexualität, Transgender, Invalidität und Politik kommen nicht zu kurz. Die Macher der documenta haben sich hier offensichtlich richtig ausgetobt. „Erklärte Absicht der Kuratoren ist, dem geschäftstüchtigen Kunstbetrieb Paroli zu bieten: mit Arbeiten, die sich kaum vermarkten lassen, hehre Ziele verfolgen oder den Verdammten dieser Erde eine Stimme geben. Nirgendwo tritt das klarer zutage als in der Neuen Galerie. Der Rundgang ähnelt einem crash-Kurs in linker Bewusstseinsbildung. Alle Anti-Ismen wie Antifaschismus, Antikolonialismus, Antirassismus, Antisexismus etc. sind versammelt. Allerdings als wildes Durcheinander – was durchaus der Gemengelage im Buhlen um öffentliche Aufmerksamkeit entspricht.“ Für meinen Geschmack sehr gelungen, denn wie bereits erwähnt, mich hat es total gecached und ich hätte noch stundenlang weiter entdecken können. Auch wenn das Fridericianum oft als das Herzstück der documenta gehandelt wird, ist für mich die Neue Galerie doch der eigentliche Star. Drei Etagen mit knapp 3000 Quadratmeter Fläche bieten Platz für mehr Kunst als an jedem anderen Ausstellungsort der documenta. Besonders im Gedächtnis geblieben (von den Werken die ich gesehen habe) ist mir der/die Künstler/in Ashley Hans Sheirl der/die in seiner/ihrer Kunst scheinbar die eigene ‚Seienskrise‘ und innere Zerrissenheit (gefangen sein im falschen Körper, dann jedoch nach Jahren wieder dem ursprünglichen Geschlecht zugehörig fühlen usw.) verarbeitet und zum Ausdruck bringt. Die d14 war für mich eine tolle Erfahrung. Zwar galt es enorm viel Input in kürzester Zeit aufzunehmen und zu verarbeiten, aber dafür blieb es immer interessant und spannend welche Kunst hinter der nächsten Tür oder Ecke wartete. KP